Dienstag, 25. August 2009

Ostrakismos ... was war das noch gleich?

Wollte man in Athen, im 5. Jahrhundert vor Christus, einen Mitbürger in die Verbannung schicken, weil er politisch gefährlich war (oder weil man mutmaßte, daß er es sei), so bestand die Möglichkeit, diesen Bürger beim alljährlichen Scherbengericht - dem Ostrakismos - für eine Weile loszuwerden.

Jeder Stimmberechtigte konnte nach Gutdünken bei dieser Gelegenheit den Namen eines in die Verbannung zu Entsendenden auf ein Tontäfelchen schreiben - vereinigte ein Name 6.000 Stimmen auf sich, so war die Sache für den Beschuldigten gelaufen. Natürlich zogen im Hintergrund interessierte Kreise ihre Strippen, um den einen oder anderen Zeitgenossen auf diese Weise loszuwerden. Um die Jahre 416/415 v. Chr. war das Verfahren dann soweit ins Absurde abgeglitten, daß man es in die Tonne trat.

Später ließ so mancher kein gutes Haar in dieser Praxis. So schrieb zum Beispiel der als Nachfolger Kants ab 1805 in Königberg und ab 1809 in Leipzig wirkende Philosoph Wilhelm Traugott Krug (Politische und juridische Schriften. 1. Band. Braunschweig 1834. Seite 284):

Oder war, um nur Ein Beispiel anzuführen, das umso auffallender ist, da es auf eine ganz öffentliche und gesetzlich gewordne Gewohnheit hindeutet - war der in mehren griechischen Staaten eingeführte
Ostrazismus, vermöge dessen der gemeinste und schlechteste Bürger den wackersten und um den Staat hochverdientesten Mann wegen bloßes Verdachtes gefährlicher Absichten auf das Verbannungstäfelchen schreiben und so bürgerlich tödten durfte, nicht eine der abscheulichsten Ausgeburten des demokratischen Despotismus? Denn was man zur Vertheidigung dieser Maßregel gesagt hat, reicht nicht einmal zur Entschuldigung, geschweige denn zur Rechtfertigung derselben hin. Ein Staat, der gestattet, daß ein Mann, wie Aristides, von einem ihn noch nicht einmal genau kennenden Bürger bloß darum, weil es diesen verdrießt, daß jener den Beinamen des Gerechten führt, zu einer zehnjährigen Verdammung verbannt werde, und der eine solche Maßregel zur Erhaltung seiner Verfassung für nothwendig hält, ist selbst der Erhaltung nicht werth.
Heute versteht man unter Scherbengericht in der Regel meist politisch motivierte Methoden und Aktionen, mit denen unliebsame Menschen kaltgestellt werden sollen.

So wie mich.